Sonntag, 12. Oktober 2014

Schlösser und Spuk


Schlösser und Spuk

Es war eine wilde, finstere Zeit, als Winterthur sich im Bannkreis von zwei Burgen behaupten musste. Schaurig und hoch lag die eine über der tobenden Töss. Just hier soll einst der aufmüpfige Graf Werner von Winterthur sich verschanzt haben, nachdem der Unselige eine Rebellion gegen seinen Schwiegervater, Kaiser Konrad, angezettelt hatte. Der Kaiser schlug unbarmherzig zurück: Im Jahre des Herrn 1030 zerstörte er die Burg und bald darauf den Schwiegersohn. Die
Burg wurde neuer, grösser, schöner und vermutlich auch sicherer wieder aufgebaut, um dann im 12. Jh. an die Grafen von Kyburg überzugehen. - Ob’s spuke, will meine Freundin Sônia wissen. - Bitte? - Sie habe von einem Schweizer Schloss gehört, wo der Burgherr allmorgendlich die Möbel zurechtrücken müsse, die nachts von Geisterhand verschoben würden. - Eine unangenehme Vorstellung, und doch nicht ganz abwegig. 
So soll die Wahrscheinlichkeit eines Spukes gross sein, wenn auf einer Burg einst die Hohe Gerichtsbarkeit ausgeübt wurde; was so viel bedeutet wie, dass man dort von Amtes wegen Menschen foltern und hinrichten liess. Auf der Kyburg, wo lediglich die Niedere Gerichtsbarkeit zur Anwendung kam, wo also Bussen verteilt, an den Pranger gestellt und Lästersteine verhängt wurden, muss man wohl kaum damit rechnen. - Schade, findet meine Freundin Sônia, das hätte dem nächsten Museumsbesuch doch eine ganz andere Note gegeben. - 

Wie auch immer, fast auf Augenhöhe mit der Kyburg liegt - nur einen kurzen Morgenritt entfernt - die Mörsburg. Auch sie ging in kyburgischen Besitz, nachdem der letzte Graf von Mörsburg es versäumt hatte, einen männlichen Erben zu zeugen. Nun konnten sich die Kyburger quasi von ihren Sitzen aus gegenseitig zuwinken, und das über die Köpfe der Herren von Hegi hinweg. Diese wohnten damals noch in einem relativ bescheidenen Wohnturm. Das änderte sich um 1500, als die Burg Hegi an die Herren von Hohenlandenberg überging, die es gerne etwas komfortabler hatten. Sie fügten ein Ritterhaus an und liessen zu ihrer Sicherheit eine Ringmauer mit drei Türmen samt Wassergraben errichten. 

Heute sind freilich alle drei Schlösser der Öffentlichkeit zugänglich, die Kyburg in Besitz des Kantons, die Hegi und die Mörsburg als Eigentum der Stadt Winterthur.  Das Winterthurer Trio wurde 1911 wieder komplett, als die Stadt das Schloss Wülflingen in ihren Besitz brachte - friedlich und legal übrigens -,  um es vor Spekulation zu retten. Das Schloss aus dem 17. Jh. stammt aus einer Zeit, als man allmählich auf wehrhafte Zutaten verzichten konnte. So scheint das schlichte Giebelhaus die Qualifikation Schloss auf Anhieb nicht zu verdienen. - Drinnen tafle man dafür umso fürstlicher, weiss meine Freundin Sônia. Und tatsächlich: Im Restaurant spielt das Schloss nicht nur seine kulinarischen Trümpfe aus, hier hält es auch seine verborgenen Schätze bereit: die wunderbaren Stuben und Säle mit den klingenden Namen aus längst verflossenen Tagen.

Am 28. Oktober erfahren Sie, wie Winterthur zu seinem berühmtesten Dozenten aller Zeiten kam.

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