Sonntag, 23. Februar 2014

Albanifest

Albanifest

Es soll mit einer Ausdehnung von über 200'000 m2 das grösste Altstadtfest Europas sein, jährlich um die 100'000 Menschen anziehen und rund 100 Vereine für zweieinhalb Tage in Ausnahmezustand versetzen: das Albanifest. Nicht, dass hier unsere albanischen Mitmenschen gefeiert würden – wie meine Freundin Sônia vermutete –, nein, das Fest hat seine Wurzeln im Namenstag des Stadtheiligen St. Alban. Das allein hätte nach der Reformation wohl kaum lange als Festanlass hingehalten,
wäre da nicht am selbigen Tag noch ein anderes Ereignis zu feiern gewesen: Just am 22. Juni 1264 erhielt Winterthur nämlich das Stadtrecht, und zwar von keinem Geringeren als Rudolf I. von Habsburg (dem gleichen, dessen Ableben später die Gründung der Eidgenossenschaft befördern sollte). So what, mag man sich 750 Jahre später fragen. Für die damaligen Bürger war das allerdings ein wesentlicher politischer und wirtschaftlicher Fortschritt und für ihre Gemahlinnen erst recht: Ihr Einkaufserlebnis muss sich, dank des Marktprivilegs, das Winterthur fortan für sich beanspruchen konnte, frappant gesteigert haben. Sie profitierten nicht nur von einem erweiterten Angebot an Kartoffeln, Korn, Obst, Fisch, Fleisch, Brot, Butter und Garn aus dem nahen Tösstal und Weinland, sondern auch aus dem entfernteren Süddeutschland und Zürich. Damit nicht genug: ihre Männer konnten sich nun um die angesehenen Posten von Wein- Brot-, Kornschätzern oder „Fleischgschauern“ bewerben. Und die Stadtobersten? Sie kassierten derweil munter Zölle. Alles zusammen Grund genug, den Heiligen Alban zu feiern. Und weil dazumal gleichentags auch Wahltag war, liessen sich die Verantwortlichen nicht lumpen und spendierten Wein, Käse und Brot, was zum traditionellen Albanimahl wurde. So waren’s alle zufrieden, bis die Geschichte eine tragische Wende nahm: 1874 fiel nicht nur das Mahl, sondern gleich der ganze Anlass der stadträtlichen Sparpolitik zum Opfer. Erst knappe 100 Jahre später entschied man sich zur Re-Edition des Festes. Seit 1971 findet es jeweils am letzten Wochenende im Juni statt und ist viel moderner geworden. Heute sorgt ein neunköpfiges Komitee dafür, dass alles rechtens ist, was Food und Entertainment angeht, dass die Special Events, das Sponsoring und Controlling stimmen und dass die Public Relations nicht zu kurz kommen. Immerhin gilt es, 117 Restaurationsbetriebe, 50 Tanz- und Unterhaltungsorchester und etliche Chilbibetriebe mit rund 30 Bahnen zu koordinieren, ganz zu schweigen von den Festzelten, die rund 10‘000 Sitzplätze für Besucherinnen und Besucher bereitstellen oder den Nachtbussen, welche ebendiese wieder nach Hause bringen sollen. -  Und das Albanimahl? Die Kirchen haben sich seiner erinnert und es 2011 im Rahmen eines Festgottesdienstes wiederbelebt. Freilich noch etwas abseits des Geschehens, aber – wer weiss – vielleicht schon bald auf dem Chileplatz … Das Albani-App wird Sie auf dem Laufenden halten.

Mehr über Winterthur erfahren Sie am 22.2.14

1 Kommentar:

  1. Jede Woche etwas neues über Winterthur zu erfahren finde ich eine Super Idee..ich freue mich schon auf die Nächste Woche.
    bis bald also
    der Raumgestalter

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